Tyrown Vincent
© SCHMOTT

"Wer Kunst und Kultur erleben will, muss nach Frankfurt kommen"

Interview mit dem Kunstsammler und Event Produzenten Tyrown Vincent

Ein Wochenende, um Kunst zu erleben: Seit 2019 ermöglicht THE FRANKFURT ART EXPERIENCE genau dieses Erlebnis. Auf was Besucher:innen sich dieses Jahr freuen können, wie die Pandemie die Kunst beeinflusst und was die Frankfurter Kunstszene so besonders macht? Wir haben mit dem leidenschaftlichen Kunstsammler und Gründer des Festivals Tyrown Vincent darüber gesprochen.

Vom 2. bis 5. September findet die dritte FRANKFURT ART EXPERIENCE statt. Wie wird sich die FRANKFURT ART EXPERIENCE angesichts der fortwährenden Covid-19-Situation in diesem Jahr verändern?

THE FRANKFURT ART EXPERIENCE war bereits 2020 ein Vorzeigeprojekt für Veranstaltungen unter Pandemie-Bedingungen. Wir als Team haben Erfahrung im digitalen Guestmanagement und darin, Live-Veranstaltungen unter besonderen Bedingungen durchzuführen. Die geltenden Regeln sind und bleiben natürlich die Grundlage auch für das FRANKFURT ART EXPERIENCE Wochenende.

Ich persönlich freue mich auf die Rundgänge (WALKS), denn hier lassen sich immer großartige Arbeiten von tollen Künstlerinnen und Künstlern entdecken. Highlights gibt es darüber hinaus auch bei den Gesprächsrunden (TALKS) – zu Gast sind unter anderem die Direktorin des Senckenberg Museums, Dr. Brigitte Franzen, und Sakhile Matlhare, die ihren Galerieschwerpunkt in Frankfurt auf zeitgenössische afrikanische Kunst legt.

Der Saisonstart der Frankfurter Galerien ist ein Eigenformat der Interessengemeinschaft der Galerien in Frankfurt, gleichzeitig eines der ältesten Gallery Weekends Deutschlands und wichtiger Partner der FRANKFURT ART EXPERIENCE. Welche Funktion haben Galerien heute? 

Alle wichtigen Stadt- und Urbanitätsprojekte – von New York über Berlin bis Brasilien – beginnen immer mit einem Initial und das wäre ohne Galerien, Ateliers, Offspaces und Museen schlicht und einfach nicht denkbar.

Für Künstler, Sammler und Galeristen ist es wichtig, sich auszutauschen. Und da ist Frankfurt mittlerweile spannender als Berlin – denn man kann sich hier gut auf das Wesentliche konzentrieren. Ja, der Blick geht nach Frankfurt, wir sind mittlerweile eine der spannendsten Städte Europas. Dazu würde uns als Region ein neues Kunstmesse-Format, das organisch aus der Stadt heraus wächst, in der internationalen Wahrnehmbarkeit gut zu Gesicht stehen. Die Frage ist nicht, "ob" das passiert, sondern "wann"!

Frankfurt ist eine Stadt der Kontraste – und nicht zuletzt dank der FRANKFURT ART EXPERIENCE auch erlebbar eine Stadt der Kunst. Was macht die Frankfurter Kunstszene aus, was inspiriert Sie an der Stadt?

Ich bin in Frankfurt geboren und habe ohne Unterbrechung seit 1996 hier meinen Hauptwohnsitz. Frankfurt hat eine unglaubliche Chance auf eine spannende Zukunft: durch seine Kompaktheit, Internationalität und die Unterschiedlichkeit der verschiedenen Distrikte. Eben all das, was wahre Urbanität ausmacht. Wir erleben gerade, dass die Menschen sich ihre Stadt neu erobern und Dinge probieren wie zum Beispiel "Urban Gardening“. Das, zusammen mit den verschiedenen Start-up-Ideen, inspiriert mich sehr.

Frankfurt ist aufgrund der Konzentriertheit die ideale Stadt für Eventisierung – auch im Kunstbereich. Dieser Reichtum an Kreativität, Kunstschulen, Künstlerinnen und Künstlern, Ateliers, Galerien und Museen zusammen mit dem breiten Angebot an Gastronomie und Hotellerie sind in dieser Nähe und Form zum Beispiel mit dem Kunstmagneten Amsterdam vergleichbar. Eigentlich müsste unser Slogan heißen: "Wer Kunst und Kultur erleben will, muss nach Frankfurt am Main kommen."

Das unglaubliche Potenzial einer Stadt wie Frankfurt ist außerdem, das man Geschichten gut erzählen kann. "Storytelling" ist nicht nur in der Kunst ein wichtiger Aspekt, sondern in der Positionierung und der Entwicklung von Städten und Regionen insgesamt enorm wichtig. Wir müssen uns weiter für die Region begeistern und neue Formate entwickeln. 

Dass es im Bahnhofsgebiet mit all seinen Herausforderungen zum Beispiel noch kein weltweit beachtetes Streetart- und Graffiti-Festival gibt, ist mir ein Rätsel. Das gilt es zu entwickeln – gerade auch wenn man sich im Vergleich, daran möchte ich ausdrücklich erinnern, ein Viertel wie Wynwood (das Trend-Viertel in Miami, USA) anschaut, das bis Anfang der 2000er Jahre eine "no go area" war und durch die Kunst und Graffitis mittlerweile im Lifestyle-Tourismus die Nummer eins unter allen Stadteilen dieser sehr großen Stadt einnimmt. Das ist gut für Hotellerie, Gastronomie, den Einzelhandel und die Menschen.

Die Pandemie hat auch in der Kunst die Digitalisierung beschleunigt. Von NFT-Technologie bis zu Online-Kunst-Auktionen: Was halten Sie von diesem Wandel, sind Sie selbst Online-Kunstkäufer?

Ich stöbere zwar online, finde aber nur selten etwas, das mich in der Qualität rein digital zufrieden stellt – es wird auf absehbare Zeit kein Ersatz für das selbst „stehen und sehen“ vor einem Kunstwerk geben. Für Menschen, die Kunst als reines Investment erwerben, ist das "Sehen" an sich nicht so wichtig – das Objekt erfüllt einen anderen Zweck und hier sind andere Parameter wichtiger.

Ich bin und bleibe ein Fan von Veränderung und wir werden gemeinsam viel über den Umgang mit der NFT-Mechanik lernen, die im Inhalt wesentlich spanender ist, als die vermeintlichen "Kunstwerke", die dort aktuell kursieren.

Bei allem gilt es aufzupassen, das wir unser reines "Menschsein" nicht von all dem Drang nach noch mehr Möglichkeiten und den Optionen, ein Geschäftsmodell ent- oder abzuwickeln, den Blick für das wesentliche verlieren – nämlich einander. Trends kommen und gehen, auch in der Kunst. Ich bin davon überzeugt, das einzigartige und nicht vervielfältigbare künstlerische Positionen immer einen besonderen Platz einnehmen werden – bestenfalls in Frankfurt.


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© a-private-collection.com/Hannes Windrath

Tyrown Vincent

Show und Event Produzent, privater Kunstsammler

Tyrown Vincent moderiert und produziert Shows im TV- und Eventbereich. Privat ist er leidenschaftlicher Kunstsammler. 2019 hat er das Kunstwochenende THE FRANKFURT ART EXPERIENCE initiiert. Der Unternehmer hat es sich zur Aufgabe gemacht, der Frankfurter Kunstszene rund um die Galerien und Offspaces zu mehr Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit zu verhelfen.

@tyrown_vincent


FAE

Veranstaltungstipp: Frankfurt Art Experience 2021

2. bis 5. September 2021

Der Saisonstart der Frankfurter Galerien ist eines der ältesten Gallery Weekends Deutschlands und findet 2021 zum 27. Mal statt. Über 50 Galerien und Kunstinstitutionen eröffnen gemeinsam ihre neuen Ausstellungen – eingeladen und organisiert von der Interessengemeinschaft der Galerien Frankfurt. THE FRANKFURT ART EXPERIENCE ist wichtiger Partner und wartet auch 2021 mit Walks und Talks rund um Kunst auf. Sie wird unterstützt durch das Land Hessen und durch Mittel der Tourismusabgabe der Stadt Frankfurt.

www.frankfurtexperience.art

Veröffentlicht: 02.08.2021


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